Ängstlich machte ich Platz und lies ihn überholen - und er fuhr weiter und zog statt mir ein Auto vor mir raus. Puh! Bald wurde die Strasse dann schmaler, die Landschaft hügeliger und die Kurven enger. Dabei folgt sie einem kleinen Fluss in seinem Tal, das immer enger wird und hinter Murchison zur Schlucht wird, der Buller Gorge. Auf dem Fluss kann man wohl gut raften und kayaken, am Ufer entlang Fahrrad fahren. Es nieselte aber und es sind nicht viele Leute unterwegs. Kurz nach dem Abzweig des Lewis Pass befindet sich Neuseelands längste Hängbrücke, die touristisch natürlich bestmöglichst genutzt wird: Man kann von ihr runter springen, mit einem Jetboat unter ihr durchfahren oder einfach so über sie drüber laufen. Fährt man nicht gleich Richtung Greymouth sondern nach Westport, schlängelt sich die Strasse stellenweise einspurig und direkt in den Fels gefräst über dem Fluss entlang. Eine schöne Strecke! Aber noch nicht die schönste. Westport ist ein recht kleines Städtchen, in dem ich meine Vorräte aufstockte, bevor ich Richtung Cape Foulwind fuhr. Ich erreichte den kleinen Campingplatz in Strandnähe mit der Abenddämmerung.
Am Morgen das übliche Bild um diese Jahreszeit: Regen! Und das erste Mal eine Schlange an der Dusche, denn der Platz war voll mit Campervans in allen Größen. Sobald es nur noch nieselte machte ich mich auf den Weg zum Cape. Hier gibt es eine Robbenkolonie, zu der man laufen kann - ich nicht, hatte ja schon welche gesehen und war an diesem Tag zu faul. :-) Doch ich machte eine Frühstückspause an einem schönen Strand in einer Bucht in der Nähe des Capes, in der hohe Wellen an die Klippen donnerten. Auch ein Surfer versuchte sein Glück. Wäre eine schöne Bucht zum Wildcampen... Als ich wieder losfahren wollte, musste ich auf die Wekas, huhngroße braune Laufvögel, aufpassen, die trotz Motorgeräusch nicht daran dachten, aus dem Weg zu laufen, sondern immer näher kamen. Sind wohl schon zu oft gefüttert worden. Auf der Strasse zurück zum Highway 6 musste ich bei starkem Seitenwind tierisch aufpassen, nicht von der Strasse gepustet zu werden! Und dann wieder mein Lieblingsausblick: Plötzlich fällt hinter einer Kuppe wie aus dem Nichts wieder der Blick auf das mittlerweile sonnenbeschienene Meer! Wie immer musste ich automatisch grinsen, freute mich und meine Laune war so gut wie länger nicht mehr. Und steigerte sich weiter, als die Strasse nach dem Örtchen Charleston endgültig Richtung Süden abbog und direkt der Küste folgte. Strand gibt es hier nur in verstreuten kleinen Buchten, dazwischen immer wieder Klippen und Felsen, an denen sich bei Westwind laut donnernd die hohen Wellen brechen. Gischt spritzte, der Wind pfiff und ich konnte mich nicht sattsehen. Fast bei jeder Möglichkeit hielt ich an und kletterte zwischen Gestrüpp zu den Felsen oder in kleine Buchten, eine schöner als die andere. Und wenn ich nicht anhielt bereute ich es kurz später, wenn ich in der nächsten Kurve sah, was mir entgangen war. Hier entstanden unzählige Fotos und Videos. Ich hätte stundenlang den tosenden Wellen zuschauen können! Da es wohl vielen Leuten genauso ging wie mir, tauchten am Straßenrand gut versteckt hinter Bäumen immer wieder Einfahrten zu winzigen Ferienhäusern auf, meist auf der Meerseite auf den Klippen. Auch gibt es immer wieder kleine Parkplätze für Wanderwege. Hier habe ich vor kurzem den Weg entlang des Pororari River empfohlen bekommen, den ich bei meinem nächsten Besuch in der Gegend laufen werde. Nach Punakaiki taucht ein größerer Parkplatz mit einem iSite im Wald auf - hier befinden sich die Pancake Rocks, die über einen gepflasterten Weg durch dichte Flax-Büsche erreichbar sind. Diese Steinformationen, die aussehen wie gestapelte Pfannkuchen, haben sich aus versteinerten Sedimenten gebildet, die über Jahrhunderte ausgewaschen wurden. Die Wellen brechen sich zudem bei Flut und Westwind in unterirdischen Höhlen und die dabei entstehende Gischt schießt teilweise weit vom Meer entfernt durch Blowholes nach oben. Sah ein bisschen aus, wie bei einem Geysir. Bei gutem Wetter kann man die Southern Alps am Horizont sehen und an diesem Tag war das Wetter gut. Weiter südlich rücken die Berge kurz zusammen mit der Strasse von der Küste weg - ein langweiliges Stück - bald wieder ran, und kurz darauf erreichte ich auch schon Greymouth. Ich hielt mich jedoch nicht lange hier auf, sondern fuhr weiter Richtung Arthurs Pass, wo ich übernachten wollte. Beim Velassen der Stadt fuhr ich direkt auf die schneebedeckten Berge zu und bewunderte das Panorama. Ich verlies den Küsten-Highway landeinwärts und kam am späten Nachmittag am Campingplatz von Jackson an. Vom Besitzer lies ich mich zu einem Walk überreden, der mich nach einer halben Stunde bergauf durch dichtesten Wald mit teilweise nicht erkennbarem Trampelpfad über Wurzeln und Felsen zu einem wunderschönen Wasserfall führte. Gerade noch vor dem Sonnenuntergang hinter den gegenüberliegenden Berggipfeln erreichte ich wieder den Platz - zum Glück, denn ohne eine Lampe wäre ich in der bald darauf folgenden Finsternis verloren gewesen!
Nach einer schrecklich kalten Nacht im Van erwachte ich bei Sonnenaufgang und taute unter der heißen Dusche langsam wieder auf. Schnell frühstückte ich und fuhr weiter - zum ersten Mal mit laufender Heizung. Die Strasse verläuft zunächst durch ein recht breites Tal und mit jedem Meter verschiebt sich das Panorama: Schneebedeckte Kuppen tauchen zwischen den Bergen auf, andere wandern zur Seite und verschwinden nach der nächsten Kurve aus der Sicht. Ständig verändert sich das Bild. Das Tal verengt sich zur Otira Gorge und mein Auto hatte Schwierigkeiten, die steile aber recht gerade Strasse hinauf zu kommen. Laut Reiseführer ist es aber einfacher als früher, als sich die Autos statt über eine lang gestreckte Brücke, für die sogar ein Wasserfall über die Strasse verlegt werden musste, noch durch die Schlucht kämpfen mussten. In Arthurs Pass Village machte ich Halt und kaufte einen heißen Kaffee. Leider waren an diesem frühen Morgen noch keine Keas zu sehen, die neuseeländischen Bergpapageien, die hier regelmäßig Touristen ärgern und ihre Autos zerlegen. Weiter ging's, mal entlang eines Flusses, über die Eisenbahnschienen des TransAlpine oder über ein paar Hügel. Das tolle Panorama blieb. Zum Ende des Passes hin hielt ich an der Cave Stream Scenic Reserve, um mir die Sandsteinformationen auf einem Walk aus der Nähe anzusehen. Hier kann man auch auf eigene Faust eine Höhle durchqueren, wenn man die Ausrüstung dazu hat (Neoprenanzug, da der Fluss teilweise hüfthoch durch die Höhle fliesst, und zwei Lampen mit Ersatzbatterien) und nicht alleine unterwegs ist. Ein Ranger auf dem Parkplatz hielt Wache. Oder schaute, ob alle, die losliefen, auch wieder zurück kamen... Nach einem weiteren einfach zu fahrenden Pass, der hier die höchste Stelle der gesamten Strecke erreicht, fuhr ich für mich plötzlich hinaus in die Plains um Christchurch: eine unendlich erscheinende platte Gegend ohne einen erkennbaren Hügel und mit schnurgeraden Highways. Durch die Vororte erreichte ich Christchurch und kämpfte mich durch das Gewusel (schliesslich war Samstag) auf den Strassen zum Zentrum vor, fand nach längerem Suchen und Verfahren im Einbahnstrassensystem einen Parkplatz und besuchte das iSite. Da das eigentliche Gebäude beim großen Erdbeben im Februar 2011 zerstört wurde befindet sich das momentan in einem Container am Rande des Botanischen Gartens. Ich wollte den besten Schlafplatz ausfindig machen, die Mädels halfen mir aber nicht wirklich weiter. Anders als in den anderen iSites, die ich bisher besucht hatte, schienen hier wenig ortskundige Backpacker zu arbeiten. Nach einem Streifzug durch den Park, in dem ich mich in die Sonne setzte und das gute Wetter genoss, fuhr ich also einfach den erstbesten Campingplatz in Nähe des Zentrums an. Der Amber Holiday Park ist zwar nicht groß, aber modern, sauber und bezahlbar. Beim Kochen freundete ich mich mit einem englischen Pärchen an und unterhielt mich bis spät in die Nacht, die wieder eisig kalt war. Trotz zweier Decken und langer Hose fror ich schrecklich. Und wenn ich Arbeiten gehen würde, wäre ein Leben im Van auf Dauer auch recht unkomfortabel. Ich musste schleunigst ein WG-Zimmer finden!
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