Montag, 13. Mai 2013

Im Norden der Südinsel

Die Überfahrt mit Bluebridge nach Picton verlief extrem ruhig. An diesem Sonntag gab es kaum Wind und Wellen. Ich hatte vorher gehört, das es schon mal extrem schauckelig sein kann... Ich suchte mir in der Lounge einen bequemen Ledersessel mit Business-Class-Anmutung und Tisch aus und wollte gerade anfangen im Reiseführer über die Südinsel zu lesen, als mich der junge Typ gegenüber in ein Gespräch verwickelte, das erst im Hafen von Picton 3,5 Stunden später endete.


Er ist an Wochenenden Profi-Mountainbiker (war dafür sogar schon in Europa unterwegs), aus Christchurch und hat für seinen Arbeitgeber ein Auto in Wellington abgeholt. Wir verabschiedeten uns und ich fuhr auf die Küstenstraße Richtung Havelock. Die Sonne ging aber schon unter und ich suchte mir in einer ruhigen Bucht einen Stellplatz - natürlich auf einem offiziellen Campingplatz. Die Südinsel begrüßte mich mit viel Regen, Blitzen und Donner, was auch am nächsten Tag nicht besser wurde. In solchen Momenten wünscht man sich einen Camper mit Toilette und Sitzplatz, sodass man das enge Auto nicht verlassen muss. So fuhr ich einfach im Regen weiter, in der abgeschiedenen Bucht wollte ich nicht blieben. Auf dem Queen Charlotte Drive entlang einer der Sounds in den Marlborough Sounds suchte ich mir ein Café und verbummelte dort ein wenig Zeit, bevor ich mich bis zum Ende der asphaltierten Strecke weiterschlängelte. Unterwegs liefen mir zwei Wekas über den Weg, huhngroße dunkelbraune Laufvögel, die dem Kiwi ähnlich sehen und auch selten sind, aber tagaktiv. Von den Sounds war leider nicht viel zu sehen, da es immer noch regnete und Wolken zwischen den Hügeln festhingen. Also entschied ich mich, nach Blenheim einkaufen zu fahren, mein Auto aufzuräumen und den Rest des Tages zu chillen. 

Für dienstags hatte ich eine Tour mit dem Mail Boat gebucht. Ich erwartete wieder schlechtes Wetter, wurde aber positiv überrascht: Am Morgen ging die Sonne rot-Orange-leuchtend auf und blieb den ganzen Tag zu sehen - wegen des Fahrtwinds war es auf dem Pelorus Sound nicht allzu warm, aber angenehm. Das Boot fährt drei Mal wöchentlich die Post zu den einsamen Farmen weit draußen. Auf jeder Fahrt wird eine andere Route genommen, sodass jede Farm nur ein Mal in der Woche Post bekommt und verschicken kann. Dazu besitzt jede Familie zwei Postbeutel, einer bei ihnen und einer bei der Post. Hält das Boot an ihrem Steg, bekommen sie einen vollen Beutel und oft noch ein paar Lebensmittel und geben dafür den zweiten Beutel ab, leer oder mit zu verschickender Post. Doch der Postboote/Skipper ist auch ein wenig Sozialarbeiter, der Neuigkeiten austauscht und sich um seine Kunden sorgt, die in vielen Fällen schon Rentner sind und alleine dort draußen wohnen. Kommt jemand nicht wie vereinbart zum Steg, was selten vorkommt, steigt er aus und schaut nach, ob alles ok ist. Unterwegs genoss ich die Aussicht auf die grünen, meist dicht bewachsenen Hügelketten und Buchten der Sounds, die aussehen wie Fjorde, aber nicht durch einen Gletscher sondern einen Fluss gegraben wurden. Einige Pinguine begutachteten das Boot aus sicherer Entfernung, doch Delfine ließen sich nicht blicken. Die Mittagspause verbrachten wir in einem kleinen Resort, das von Deutschen geführt wird, bei Bratwurst und Pommes. Bei Maud Island, einem Naturschutzgebiet, in dem seltene Vogelarten wie der Kakapo nachgezüchtet werden, kam einer der dort stationierten DOC-Worker aufs Boot und holte eine riesige Heuschrecke aus seiner Brusttasche: Eine neuseeländische Weta, dick, zahm und viel hübscher als die Höhlen-Wetas, die ich in Waitomo gesehen hatte. Das sind dürre, eklige, spinnenähnliche Viecher. Spätestens auf der Rückfahrt lernten sich die ca. 20Fahrgäste langsam kennen und tauschten ich aus. Lange unterhielt ich mich mit einem Paar aus Österreich, Reisejournalisten, die gerade einen Film drehen, und einem Paar aus Regensburg. Kurz vor Sonnenuntergang waren wir zurück in Havelock und machten uns gemeinsam auf den Weg nach Nelson, wo wir beide die Nacht verbrachten, ich auf dem Campingplatz, sie in einem reservierten Hotel. 

Mit dem Wetter hatte ich nun mehr Glück: Am kommenden Tag schien wieder die Sonne und diesmal so stark, das man zwischendurch auch mal die Jacke ausziehen konnte. Auf dem Weg zur Golden Bay passierte ich den Nelson Tasman National Park, den ich mir im September genauer anschauen wollte und deswegen nicht besuchte. Über einen steilen Pass, auf dessen Scheitel man eine wunderbare Aussicht auf die Bucht mit dem Nationalpark bis nach Nelson sowie in die Golden Bay hat, erreichte ich Collingwood und fuhr hinauf zum Farewell Spit. Dies ist eine Landzunge aus Sanddünen, die jedes Jahr mehr wächst und Nistplatz für einige seltene Vögel bietet. Leider wird sie auch oft zur Todesfalle für Wale, die hier stranden. Am einsamen Wharariki Beach ein wenig weiter westlich, den man über einen kleinen Wanderweg durch Schafweiden, Wald und Sanddünen erreicht, beobachtete ich ein paar Babyrobben beim Planschen im aufgeheizten Wasser eines kleinen, von der Flut übrig geblieben Sees. Nach einem Spaziergang zu den Felsen machte ich Mittagspause auf einem angespülten Baumstamm und genoss die Wärme Sonne, das Rauschen des Meeres und den kühlen Wind. Ich konnte mich garnicht losreißen und musste doch zurück zum Campingplatz nach Collingwood, der als einziger geöffnet hatte.


















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