Bis zum Arbeitsbeginn campten wir auf einem kostenlosen Platz am Fluss nahe Dubbo, wo wir auch unsere Vorräte nochmal auffüllten und Weihnachtskarten verschickten. Dann machten wir uns auf den Weg zum 30km entfernten Trangie, wo die Agentur in einem Caravanpark einen alten dopelstöckigen Eisenbahnwagon gemietet hatte. Dieser war umgebaut worden und hatte nun einen kleinen Fernsehraum am einen Ende, eine Küche am anderen und dazwischen auf den beiden Ebenen mehrere Einzelbetten. Jeder sollte pauschal pro Übernachtung 15$ bezahlen, die direkt vom Lohn abgezogen wurden. Wir entschieden uns aber, unser Zelt aufzuschlagen, da wir trampelnden und schlafenden Mitmenschen entkommen wollten.
Außer uns gab es noch zwei Jungs aus Belgien, ein sehr junges Pärchen aus England, das sich aber erst in Australien kennengelernt hatte, ein italienisches Pärchen und ein deutsches. Dazu hatte Hannah noch zwei Freunde aus Fidschi mit dabei, zwei Australier kamen aus der Gegend und aus dem Hostel in Dubbo kamen jeden Tag noch drei deutsche Jungs. Trotzdem waren wir weniger als geplant, da einige, die zugesagt hatten, einfach nicht auftauchten. Nach dem Ausfüllen der Papiere und Steuerformulare - danke Natalie nochmal für die australische Adresse! - plauschten wir mit jedem ein wenig, um sie kennenzulernen. Doch dann ging es schon früh ins Bett, da wir am nächsten Morgen um halb 6 aufstehen mussten.
Nach einem hastigen Frühstück schmierten wir noch schnell ein paar Sandwiches für die Mittagspause und zogen unsere Arbeitsklamotten an. Und ratet mal, wer als erstes pünktlich um halb 7 am Gate bereitstand? Natürlich die zwei deutschen Pärchen! Deutsche Pünktlichkeit... :-) In Kolonne fuhren wir nach Narromine zum ersten Feld. Der Farmer erwartete uns bereits und erklärte gleich das Prozedere: Jeder bekam ein Messer, das er bis zum Ende bei sich behalten solle (es war ein Sägeblatt, das mir Hilfe von Tape in einem Wasserschlauch als Griff steckte). Die Zwiebelblumen sind runde leicht fluffige Bälle am Ende eines langen Stiels. Hat man Glück, sind sie alle schön grade auf Brusthöhle gewachsen. Dann kann man einfach mit der Handfläche nach oben darunter greifen, sodass der Stiel zwischen Mittel- und Ringfinger und die Blume in der Hand liegt. Dann schneidet man mit einer schnellen Bewegung mit der anderen Hand den Stiel in einer Länge von ca 5 cm ab. So kann man sich nicht in die Finger schneiden und die wertvollen Samen im Ball fallen in die Hand, nicht auf den Boden. Diese Samen wollen die Farmer ja haben. Die Blume mitsamt Samen schmeißt man dann in einen bereitgestellten großen runden Mülleimer, den man immer hinter sich her mitnimmt, bis er voll ist. Dann kommt einer der Helfer des Farmers vorbei, bringt einen neuen Eimer und bringt den vollen zum LKW, wo die Blumen in größere Paletten gekippt werden. Man arbeitet quer zum Feld, nicht mit den Reihen. Jeder hat ein Stück, das zwischen 1 und 2 Meter breit ist, je nachdem, wie eng man steht.
Normalerweise hilft jeder den Nachbarn. Hat jemand viele Blumen vor sich, schneidet man eben auf der Seite mal schnell ein paar mehr ab, übernimmt die, die in der nächsten Kuhle auf dem Boden liegen oder kommt vom anderen Ende entgegen, wenn man schon schneller fertig ist. Wir wurden ja nach Stunde bezahlt, nicht nach Eimer. Man hat aber schnell Lieblingsnachbarn und andere, die man versucht zu meiden, wenn man merkt, mit wem man gut zusammenarbeiten kann und wer eher langsam ist oder sogar faul und sich auf deine Hilfe verlässt. Von der Sorte gab es bei uns zum Glück nur einen.
Die ersten 2,5 Tage waren Horror, da das erste Feld das schlimmste der fünf war! Fast die Hälfte der Blumen lag auf dem Boden, man musste sich ständig tief bücken und hatte schon nach wenigen Stunden tierische Rückenschmerzen. Dazu musste man sich erst eine gute Technik erarbeiten, wie man schneller schneiden konnte, ohne sich in die Finger zu Ratschen. Und dazu kam immer wieder die Anweisung, die Stiele nicht zu lang zu machen, schneller zu arbeiten oder doch bitte nach jedem Abschnitt etwas zu trinken. Denn es war schrecklich heiß, jeden Tag um die brutzelige 37 Grad im Schatten - also 41 in der prallen Sonne auf dem Feld. Die lange Hose, ein langärmeliges weites Shirt und der breitkrempige Hut hielten zwar das meiste ab, auf dem Rücken hatte ich jedoch durch das Shirt Bräunungsstreifen und meine Hände waren auch öfter leicht verbrannt. Am kühleren Morgen versuchte man so viel wie möglich zu schaffen, um 9 gab es eine Frühstückspause (hier Smoko genannt), um ca 12 Lunch und um ca 16 Uhr war dann Feierabend. Schnell packten wir unsere Sachen und fuhren zurück zum Campingplatz, um erstmal kalt zu Duschen und aus den stinkigen Klamotten zu kommen. Zum Schweiß des Tages mischte sich ja auch ein immer penetranter werdender Zwiebelgeruch, der auch nach mehreren Wäschen noch nicht ganz weg ist. Von den mit Zwiebelsaft besudelten Schuhen ganz zu schweigen.
Alles in allem kann man sagen, dass es eine sehr anstrengende Woche war, mit viel Rückenschmerzen, Zwiebelgestank, Schürfwunden und Schweiß, doch auch mit vielen netten Menschen, Gesprächen und Gelächter nicht nur am Abend sondern auch auf dem Feld und am Ende auch mit einer recht guten Bezahlung von 19,63$ die Stunde (vor Steuern). Es hat sich auf jene Fall mehr gelohnt, als Kirschen zu ernten und wir freuen uns schon drauf, in ein paar Tagen einige Gesichter beim nächsten Zwiebelblumenerntejob bei Melbourne wieder zu treffen!
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