Der nächste Tag wurde schöner und beim Frühstück traf Natalie ein anderes Pärchen auf dem Platz wieder, das sie schon kannte. Sie erzählten uns von einem schönen Strand, an dem es ganz viele Kängurus geben soll. Da waren wir aber schon vorbei. Also trennten wir uns, Martin fuhr weiter und Natalie und ich fuhren nochmal dorthin zurück. Wir quatschten und lachten viel und genossen die gemeinsame Zeit. Der Strand war wunderschön, auch wenn die Kängurus noch nicht aufgestanden waren. Wir spazierten durch die Brandung und machten ein paar Bilder auf den Felsen am Rand der Bucht. Nach über einer Stunde machten wir uns wieder auf den Weg. Unterwegs hielten wir noch in einem historischen Städtchen namens Mogo und bummelten durch ein paar kleine Lädchen. Wir kauften Fudge - Lemon-Mango, Rum-Rosine und Cookies - und ein paar Aufkleber für mein Fotoalbum, das ich machen werde, wenn wir wieder daheim sind. Es gab noch viel mehr schöne Sachen, aber entweder zu teuer oder nicht beim Reisen geeignet. Nach einem Abstecher zum Potatoe Head holten wir Martin in der Mystery Bay ein. Hier gibt es eine große Höhle am Strand, in die wir aber wegen der Flut nicht rein konnten. Dazu fing es wieder an zu regnen. An einem kostenlosen Stellplatz in Tura Beach spannten wir unsere Plane zwischen die offenen Kofferaumdeckel und kochten uns ein leckeres Abendessen. Doch dann begann unsere Pechsträhne...
Im nächsten Ort, Eden, der letzten Stadt vor der Grenze nach Victoria, wollten wir unser Auto anmelden. Da wir es in NSW gekauft hatten, musste es auch hier auf uns überschrieben werden. Es war Freitag der 27. Dezember, kein Feiertag, aber das Office hatte trotzdem zu. Sie hatten einen zusätzlichen freien Tag. Was tun? Wir mussten wohl unfreiwillig übers Wochenende hier bleiben. Dabei wollten wir doch an Sylvester schon in Melbourne sein! Natalie wollte die schönen Orte auf der Strecke dorthin nicht verpassen und entschied, nicht bei uns zu bleiben. Also fuhren Martin und ich in den nächsten Baumarkt und kauften Material für unseren Autoausbau. Wenn wir schon hier bleiben mussten, wollten wir die Zeit wenigstens sinnvoll nutzen. In einem Hardware Store liehen wir noch einen Akkuschrauber und los ging's - am Straßenrand.
Nach einer letzten Nacht im Zelt kauften wir samstags noch Bretter für das Bett, ein großes Laken, aus dem ich die Gardinen nähte, und ganz viel Kleinkram aus dem Zwei-Dollar-Laden: ein Adapter von einem Zigarettenanzünder auf drei, kleine Boxen für Duschzeug und Gewürze, Kleber, doppelseitiges Klebeband, Kerzen und batteriebetriebene Lampen für über dem Bett. Glücklich und zufrieden schliefen wir abends im Van ein - so der Plan. Doch leider kam es anders. Auf dem Weg nach Eden zu den öffentlichen Duschen überhitzte der Motor und wir schafften es gerade noch vor das Gate eines Campingplatzes mit dem Namen "Garden of Eden". Der Preis des Stellplatzes von 45$ War leider wenig paradiesisch. Aber es ging ja nicht anders.
Den Sonntag verbrachten wir in Eden bei einem Mechaniker, der auch nicht viel helfen konnte. Aber wenigstens überhitzte das Auto erstmal nicht, sodass wir montags morgens nach einem Spaziergang über die wunderschönen Klippen an unserem Parkplatz am Tura Head zu einem Kühlerspezialisten fahren konnten. Währenddessen berichtete Natalie, das sie am Strand eines Nationalparks in der Sonne lag. Ich war depri. Und es stand fest: bis Melbourne würden wir nicht mehr kommen. Denn heute war schon der 30. und es waren noch 600km. Also sagten wir Natalie schweren Herzens ab und entschieden uns für die kürzere Strecke durch die Snowy Mountains. Als die neuen Teile bestellt waren entdeckten wir in unsrer App einen kostenlosen Parkplatz direkt am Strand von Eden. Hier klopfte abends ein kleiner Junge an unser Fenster und fragte ganz süß in gebrochenem Englisch, ob wir Spaghetti mit Tomatensoße mögen. Wir bemerkten den Akzent und fragten auf Deutsch, ob er aus Deutschland käme. Ganz begeistert brüllte er über den ganzen Platz zu seinen Eltern, das wir auch Deutsche wären. Also gingen wir rüber und wurden zum Abendessen eingeladen. Wir quatschten bei Wein, Rum und Pralinen den ganzen Abend bis tief in die Nacht mit dem Polizistenpärchen aus Brandenburg, das mit ihren zwei Söhnen zwei Monate durch Australiens Osten tourten. Währenddessen übernahm die Mutter den Schulunterricht und der weiße Mietcamper wurde mittels abwaschbaren Boardmarkern als Tafel genutzt.
Am nächten morgen hüpfte Martin ein wenig am Strand durch die heftige Brandung, bevor wir uns auf den Weg zur Werkstatt machten. Während unser Auto seine neuen Kühlerteile bekam bummelten wir durch die Stadt, tranken einen Kaffee und holten Geld. Leider zu wenig, wie sich später herausstellte. Die Reparatur wurde trotz Nachlass doch teurer als gedacht, da noch zwei weitere Teile ausgetauscht werden mussten. Dann die Überraschung: Karsten und Kathi, die wir beim Zwiebelblumenernten in Narromine kennengelernt hatten, meldeten sich. Sie hatten auch Kühlerprobleme gehabt, es aber leider zu spät bemerkt und ihren Motor ruiniert. Nun hatten sie ein neues Auto kaufen müssen und waren nicht weit von uns entfernt. Wir verabredeten uns für den Abend im Nationalpark, kauften Abendessen ein und freuten uns schon sehr drauf, die beiden so unerwartet wieder zu treffen. Nachdem sie wegen neuer Probleme mit ihren Bremsen spät abends ankamen, brutzelten wir zusammen bei eisigen Temperaturen Steaks, Würstchen, gefüllte Champignons und Maiskolben. Beim Reden unter einem wunderschönen Sternenhimmel mit Milchstraße und Sternschnuppen vergaßen wir ganz, auf die Uhr zu schauen, und mussten dann feststellen, das wir Sylvester um 10 Minuten verpasst hatten. Niemand auf dem Campingplatz war mehr wach, kein Feuerwerk, keine Böller, kein Anstoßen mit Sekt. Wir steckten unsere Wunderkerzen an und gratulierten uns. Dann kuschelten wir uns dick eingepackt in unsere Vans und froren trotzdem.
Obwohl die Snowy Mountains trotz des Titels "Southern Alps" nicht mit unseren Alpen vergleichbar ist, waren wir recht hoch oben. Auch am morgen war es eisig und wurde nur langsam warm, als die Sonne endlich hinter den Bergkuppen auftauchte. Nach dem Frühstück trennten wir uns wider von Karsten und Kathi, da die beiden eine Werkstatt finden mussten, um ihre blockierte Bremse zu reparieren. Wir bezahlten noch schnell die Nationalparkgebühr und fuhren dann über die gewundene Passstrasse aus den Bergen hinaus Richtung Swan Hill. Noch waren es ca. 500km, die wir an diesem Tag schaffen mussten, denn schon am nächsten Tag sollte dort unser neuer Job anfangen. Wir mussten unser Budget dringend auffüllen. Wir wählten die laut Navi kürzeste Strecke. Diese führte aber durchs absolute Niemandsland. Weit und breit war nichts zu sehen außer gelbem Gras, ein paar Bäumen und hin und wieder mal eine kleine Farm. Kaum ein Auto war unterwegs. Zwischen den Käffern auf dem Weg lagen mindestens 30-40km. Und langsam senkte sich die Tanknadel in den roten Bereich... Mit den letzten Tropfen schafften wir es auf eine Tankstelle. Sie war zwar geschlossen, aber man konnte mit Karte bezahlen - leider nur mit einer australischen. Meine war komplett leer, Martin hatte noch 4,50$ drauf. Also tankten wir für dieses Geld und fuhren im Schneckentempo weitere 35km ins weitere Kaff. Ängstlich suchten wir die Hauptstraße nach einem Geldautomaten oder einer Tanke ab. Dann tauchte hinter einem Baum das goldene Schild einer Shell auf! Ich war noch nie so froh, eine Tankstelle zu sehen, und wäre der Kassiererin vor Freude am liebsten um den Hals gefallen! Wir mussten also doch nicht in der Wüste liegenbleiben und verdursten. Die weitere Strecke kam uns nicht mehr so schlimm vor und wir erreichten im Dunkeln unsere Unterkunft in Swan Hill, wo uns Natalie schon freudig erwartete. Sie hatte Sylvester in Melbourne mit einer Australierin verbracht und die Strecke von dort in nur vier Stunden geschafft. Nachdem wir die versifften Stockbetten im Haus inspiziert hatten, entschieden wir uns in der Einfahrt im Van zu schlafen.
Am nächsten Morgen regnete es in Strömen. Der Job fiel sprichwörtlich erstmal ins Wasser. Da hätten wir uns auch Zeit lassen können... Wir frühstückten und klapperten dann die örtlichen Campingplätze ab. Im Haus wollten wir nicht bleiben! Zu eng, zu eklig. Wir kauften gerade im Aldi ein, als die Sonne rauskam. Wir fanden einen tollen Platz für einen Sonderpreis von 12$, mit Pool, viel Schatten und Billardtischen. Nachts trafen dann auch Kathi und Karsten ein.
Die nächste Woche verbrachten wir dann wieder mit dem Ernten von Zwiebelblumen. An unserem freien Tag schauten wir uns den zweiten Teil des Hobbits im neu eröffneten kleinen Kino an - drei Stunden auf Konferenzstühlen, da die richtigen Stühle noch nicht angekommen waren. Statt der versprochenen 10 Tage konnten wir nur 4,5 Tage arbeiten. Wir waren schneller als angenommen und ein Feld war noch nicht fertig. Doch das Geld reichte gerade so, um uns wieder auf den Weg in die nächste Stadt zu machen. Wir geben nicht auf und schaffen uns immer wieder unser eigenes kleines Paradies.
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