Donnerstag, 1. Mai 2014

Schafe scheren für Anfänger!

Mal wieder stand zur Abwechslung ein Tagesausflug an. Wieder ging es früh los. Wieder sind wir nicht selbst gefahren. Diesmal nahm uns Snow mit zu einer Farm, auf der er gerade Schafe schert. Da wir ja auf einer Schaffarm arbeiten, wollten wir das nicht verpassen.

Snow ist Paddys Vater und hat Almerta vor Paddy und Shane geführt. Als er jung war, galt er als der beste Scherer Nordaustraliens. Und er ist noch immer nicht in Rente, denn er leitet eines der beiden Schafschur-Teams von Almerta, die bis zu zehn Monate im Jahr in halb Australien unterwegs sind. Momentan schert sein Team auf Minburra Station (das spricht man Minbra) deren Schafe - schon seit fünf Wochen und noch für zwei weitere! Die Station ist riesig und nimmt man alle Grundstücke zusammen sind 60.000 Schafe zu scheren! Almerta hat nur 5.000...

Snow - eigentlich heisst er Trevor - wohnt mit seiner Frau Gabrielle im kleinen Städtchen Carrieton, wo wir uns mit ihm morgens um 7 Uhr trafen. Es regnete stetig den ganzen Morgen und die Schotterstrasse zur Farm war schlammig und rutschig. Mehrmals musste Snow gegensteuern, hatte aber keine Probleme, da er sie wie die Rückseite seiner Hand kennt, wie er uns versicherte. Nach fast einer Stunde durch Niemandsland mit nur wenigen Ruinen und vielen Gattern kamen wir an und stapften durch den Matsch in den grossen Shearing Shed, der "Schuppen" in dem geschoren wird. Auf Minburra können acht Scherer nebeneinander stehen - auf Almerta sind es nur vier.

Und es ging auch gleich los: Jeder Scherer ging durch eine Schwingtür in ein kleines Abteil mit Schafen, griff sich eines am Kopf, drehte ihn nach hinten und das Schaf somit auf dessen Po. Auf dem Rücken liegend wurde es aus dem Abteil zum Scherstand geschleift und zwischen den Beinen des Scherers festgeklemmt. Als erstes wurde nun der Bauch geschoren. Dann ist die linke Seite von oben bis unten dran, bevor es über den Kopf und Rücken auf die rechte Seite geht. Das rechte Hinterbein ist als letztes dran. Dann wird das nackte und zittrige Schaf über eine Rutsche nach draussen in ein Gatter geschubst. Ein Video findet ihr auf meiner Facebook-Seite.

Während die Schermaschinen surrten - was man bei der lauten Musik kaum hörte - flitzten die "Roustabouts" (kurz Rousies) durch den Schuppen. Sie "fegten" mit einem Plastikbesen die herumfliegenden Wollfetzen beiseite, hoben das fertige Flies auf und warfen es mit einem Schnick auf einen Gittertisch. Hier wurde der dreckige Rand (Dung und Matsch), die kurze Wolle der Beine und auch manchmal blutige Hautfetzen abgezupft. Manchmal erwischt der Scherer das Schaf eben zu tief und schneidet es. Doch der Farmer versicherte uns, das die Schafshaut extrem dick und weniger empfindlich ist, als Menschenhaut. Es stört sie nur an den empfindlicheren Beinen.

Die fertig vorgereinigte Wolle - sie ist trotzdem noch voller Kletten und Schafsschweiss - wird dann von einem sogenannten Wool Classer nach Qualität beurteilt (nach Faserlänge, Stärke und Farbe) und in verschiedenen Abteilen gelagert, bis sie vom Wool Presser in eine Presse gestopft und zu grossen Ballen gepresst wird. Ein Ballen wiegt genau 196 kg - 4 kg sind Speilraum für Abweichungen der Waage oder wenn die Wolle Feuchtigkeit zieht.

Ein Lauf dauerte zwei Stunden, dann war Pause. Nach dem zweiten Durchlauf gab es ein leckeres Mittagessen in den nicht weit entfernten Quartieren. Beim nächsten Run halfen wir dann mit - Martin als Wool Presser und ich als Rousie. Ich bekam erklärt, was ich abzupfen und wohin ich es werfen musste. Die Kletten stachen schmerzvoll in meine Hände, aber ich liess mir nichts anmerken. Die anderen Mädels heulten ja auch nicht rum. Dann durfte ich auch fertige Fliese aufheben und werfen, konnte das aber nicht so gut. Schwerer, als es aussieht... im wahrsten Sinne des Wortes, denn ein Flies ist ca. 6 kg schwer!

Nach dem Run wurden wir beide für unsere gute Arbeit gelobt. Dann lud uns der Farmer auf eine Fahrt mit seinem Quad ein, denn er wollte einen grossen Mob Schafsböcke zusammentreiben. Den vierten Durchlauf machten wir somit nicht mit. Als wir zurück kamen, waren leider schon alle Schafe geschoren (die wartenden waren nass und mussten erst über Nacht trocknen) und wir konnten und selbst nicht mehr an einem versuchen - Snow hatte uns das zuvor angeboten. Im Sonnenuntergang fuhren wir heim und kamen im Dunklen auf Almerta an.

Fazit: Ein toller Tag und ein unvergessliches Erlebnis mit vielen neuen Eindrücken, leckerem Essen, netten Menschen, schmerzenden Händen, tollen Hunden und stinkenden Schafen!


Die Lammsaison hat begonnen, überall sind süße kleine Lämmer!

Nicht drängeln, jeder kommt dran!

Vorher... (Das sind Merinos, zu erkennen an der runzligen Nase.)


... währenddessen...


... danach!


Martin bei der Arbeit


Ich bei der Arbeit 


Snow an der Presse

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